Geographische Lage
Side liegt ungefähr in der Mitte der türkischen Südküste am Mittelmeer zwischen den Städten Antalya und Alanya im Landkreis Manavgat, der zur türkischen Provinz Antalya gehört. Begrenzt wird die Küstenebene im Westen und im Norden vom Taurusgebirge, im Osten vom Fluss Manavgat und im Süden vom Mittelmeer. Das flache, an manchen Stellen in mehreren Terrassen abfallende Land ist wegen seines fruchtbaren, von vier wasserreichen Flüssen durchströmten Bodens seit prähistorischer Zeit besiedelt.
Side selbst liegt auf einer markanten Landzunge. Das ca. 15 m hohe aus dunklem Konglomeratgestein bestehende Felsenkap schiebt sich in südwestlicher Richtung ins Mittelmeer vor und bildet mit dem Festland im Norden eine nach Westen offene Bucht. Die Südseite des Kaps besteht aus einer wenige Meter hohen Steilküste, der noch scharfkantige Klippen vorgelagert sind, die teilweise mit Sand verdeckt sind. Es gibt nur wenige Süßwasserquellen auf der Landzunge. Die Küstenebene östlich der Halbinsel bis zur Mündung des Flusses Manavgat, wo der Großteil der antiken Stadt Side und auch das antike Befestigungssystem liegt, wird heute von bis zu 10 m hohen Wanderdünen gebildet.
Über die frühe Geschichte von Side ist wenig Gesichertes bekannt. Einzelfunde aus hethitischer Zeit oder Funde aus dem eisenzeitlichen Zypern können nicht mit konkreten archäologischen Befunden in Zusammenhang gebracht werden. Nach literarischen Zeugnissen wurde Side von kymäischen Siedlern im 7. Jh. v. Chr. gegründet. Immerhin können sidetische Münzen ab dem Beginn des 5. Jhs. v. Chr. serienmäßig erfasst werden, allerdings fehlen archäologische Belege in Side für diesen Zeitraum. Belegt sind Inschriftensteine mit Schriftzeichen in sidetischer Schrift und Sprache. Alexander der Große legte eine Besatzung in die Stadt. Anfang des 2. Jhs. v. Chr. unterstützten die Einwohner Sides den Seleukidenkönig Antiochos III. in der großen "Seeschlacht von Side" gegen die von Rom unterstützen Rhodier. Nach dem endgültigen Sieg über Antiochos III. 189 v. Chr in der Schlacht von Magnesia wurden Teile Pamphyliens dem Königreich Pergamon zugesprochen (188 v. Chr. Friede von Apameia). Side wurde aber nie besetzt und blieb autonom. Ab dem 1. Jh. v. Chr. wurde die pamphylische Küste immer mehr von Seeräubern heimgesucht, aber auch hier arrangierten sich die Bewohner von Side, indem die Stadt den Piraten als Versorgungspunkt und Sklavenmarkt diente.
Das 1. bis 3. Jh. n. Chr. stellte eine Blütezeit für die antike Stadt dar, die sich vor allem in neu errichteten Bauwerken und einer massiven Stadterweiterung manifestierte. Nach unruhigen und wirtschaftlich schlechten Zeiten im 4. Jh. n. Chr. erging es der Stadt im 5. und 6. Jh. n. Chr. wieder besser. Ein bedeutendes kirchliches Zentrum und ein Bischofssitz entstanden. Im 7. Jh. n. Chr. wurde die Stadt allerdings von Arabern geplündert. Die Versandung des Stadtareals setzte bereits ein, und Side war im 10. Jh. n. Chr. als heruntergekommener Piratenort bekannt. 1923 wird Side unter dem Namen Selimiye nach dem erzwungenen Bevölkerungsaustausch zwischen Griechenland und der Türkei durch aus Kreta vertriebenen Türken neu besiedelt. Seit Beginn der 1980er Jahre wurde aus dem beschaulichen Fischerort ein Zentrum des Massentourismus. Große Bereiche des antiken Stadtareals wurden 1966 von der UNESCO unter Schutz gestellt.
Zur Forschungsgeschichte
Als im 19. Jh. die ersten europäischen Reisenden in Side eintrafen, war die Ruinenstätte umgeben von dichtem undurchdringlichem Gestrüpp oder Sumpf. Über die südlichen und südöstlichen Teile der Stadt legte sich eine bis zu 10 m hohe Wanderdüne, die die antiken Mauern zudeckte und so auch vor dem endgültigen Verfall schützte. Obwohl bereits der türkische Admiral Piri Reis im 16. Jahrhundert auf einer Karte den Ruinenort festmacht, setzt die wissenschaftliche Erforschung im 19. Jahrhundert mit den Reiseberichten von Francis Beaufort und Graf Karl von Lanckoroński ein. E. Petersen, der Archäologe der Expedition Lanckorońskis, erwähnt Ende des 19. Jhs. im Areal der antiken Stadt Kalkbrennereien und Kalköfen. Die im Jahre 1923 türkischstämmigen Kreter siedelten sich auf der leicht erhöhten Halbinsel an, legten teile der Landschaft trocken, wodurch die Gegend wieder besiedelt werden konnte.
Maßgeblich für die Erforschung der antiken Ruinenstätte war schließlich der Beginn der Ausgrabungen unter dem türkischen Archäologen Arif Müfid Mansel zu Beginn der 1950er Jahre. Unter ihm und der türkischen Archäologin Jale Inan wurden bis zu Mansels Tod im Jahre 1975 große Bereiche der antiken Ruinenstätte ausgegraben.
Im Jahr 2008 übernahm der Archäologe Hüseyin Sabri Alanyalı mit seinem Team der Anadolu Üniversitesi Eskişehir die Leitung der Ausgrabungen und Forschungen in Side. Im Jahr 2019 folgte Feriştah Soykal Alanyalı als Grabungsleiterin ihrem Ehemann Hüseyin Sabri Alanyali. Nach einem Entwicklungsplan zur Erhaltung der antiken Stadt Side vom Ministerium für Kultur und Tourismus (T.C. Kültür ve Turizm Bakanlığı) finden aktuell großflächige archäologische Ausgrabungen im gesamten Stadtgebiet statt.
Für die Stadttore wichtig waren die archäologischen Aktivitäten von Arif Müfid Mansel. Ausschlaggebend für den Beginn der Ausgrabungen am Osttor von 1964 – 1966 war der Fund des Inschriftensteins in sidetischer Schrift und Sprache, sowie Teile eines Waffenfrieses, die auf der Attika des Osttores gefunden wurden. Die Steine wurden in das damals neu gegründete archäologische Museum von Side gebracht, wo sie bis heute ausgestellt sind. In weiterer Folge wurde in einer umfangreichen Aktion das Osttor erstmals vom Sand befreit, sodass der Grundriss sichtbar wurde. Mansel hat seine Ergebnisse umgehend publiziert: A. M. Mansel, Osttor und Waffenreliefs von Side, AA 1968, 239–279.
2011 Reinigungsarbeiten am und rund um das Osttor, das vollkommen von einer bis zu 10 m hohen Wanderdüne bedeckt war
2013 Sondagen innerhalb des Torhofes und der Tordurchgänge, Erstellen eines steingerechten Grundrissplanes, Dokumentation der Funde
2014 – 2015 Sondagen außerhalb und innerhalb des Osttores, Dokumentation der Kurtinen der Landmauer beim Haupttor, digitale Aufnahme des aufgehenden Mauerwerks und Erstellen eines 3D-Modells durch das Institute of Computer Graphics and Vision der TU Graz , Auswertung der Architektursteine, Fundaufarbeitung
2016 – 2017 Fotographische und zeichnerische Dokumentation der Kurtinen und Türme der Landmauer beim Haupttor, fotographische und zeichnerische Dokumentation im Osttor und der Keramik vom Osttor
2018 Sondage an der Landmauer beim Haupttor, zeichnerische und fotographische Dokumentation des Fundmaterials, Auswertung des Fundmaterials, Vermessung der Landmauer an ausgewählten Stellen, Bauaufnahme im Osttor, structure from motion im Osttor
2019 Bauaufnahme im Haupttor
2020 – 2022 Auswertung der Grabungsdokumentation
2023 – 2025 Auswertung der Ergebnisse zum Befestigungssystem unter Einbeziehung des Fundmaterials, weitere Kampagnen vor Ort geplant